Montag, 27. Dezember 2010

Lauter die Glocken nie klingen...

Auch das kleine weiße Kaninchen hat sich zu dieser gewissen Zeit im Jahr auf den Weg gemacht, durchs Land zu reisen und seine Kaninchenfamilie zu besuchen. Mit Bergen von Geschenken bewaffnet rutschte es vor sich hin, halb gemächlich, voll gestresst. Nichtsahnend erreichte es das traute Heim von Mama und Papa Kaninchen. Es hatte nicht damit gerechnet, hier die Höhle des Löwen betreten zu haben. Denn der Weihnachtszauber hat nicht nur seine guten Seiten. Im Gegenteil: Des kleinen weißen Kaninchens hochgeachtete Eltern hatten sich in weihnachtliche Furien verwandelt. Die Gesichter zu Fratzen verzogen, die Fäuste voller Wut geballt, schrien sie ohne Unterlass auf das arme kleine weiße Kaninchen ein, das wohl als schwarzes Schaf der Familie angesehen wurde. Stille Nacht, heilige Nacht? Von wegen.

Das kleine weiße Kaninchen kam sich vor wie in einem schrecklichen Albtraum. Doch es konnte nicht aufwachen. Es war gefangen im Haus seiner vom Geist der Weihnacht besessenen Eltern. Anstatt in gemütlicher Ruhe bei einander zu sitzen, sich über Geschenke zu freuen und Weihnachtslieder zu singen, verzog sich schließlich jeder in sein Zimmer, wobei es unserem kleinen weißen Kaninchen nun auch noch auferlegt worden war, den Kaninchenbau zu entrümpeln.

Insgeheim zählte es die Stunden bis zu seiner Abreise. Als diese dann endlich kam, konnte es sich Mama Kaninchen nicht nehmen lassen, seinem Kleinen noch ein paar wohlgemeinte Ratschläge („Friss mehr Möhren, deine Zähne sind ja ganz stumpf“ und „Dein Fell ist aber dreckig, das solltest du wirklich mal reinigen lassen“) mit auf den Weg zu geben.

Im eigenen Kaninchenbau angekommen, rätselte unser kleines weißes Kaninchen, wie aus einem eigentlich so schönen Fest ein solches Debakel entstehen konnte. Zum Glück ist das nächste Weihnachtsfest erst in einem Jahr.